eine kurze Geschichte der Überwachung

buchneulich im Museum

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) haben eine Entwicklungsgschichte, die eng mit der von Überwachungstechnologie verwoben ist. Am Anfang stand unter anderem das Buch als Speichermedium, doch war es anfangs für privilegierte Schichten reserviert und die Kommunikation im gemeinen Volk erfolgte zum Großteil mittels Bildern oder mündlich. Diese und andere Erkenntnisse erhielt der Beirat für Arbeit & Technik (BAT) von der Kulturvermittlerin Monika Rabovsky bei einer sehr empfehlenswerten Führung durch das Technische Museum Wien.

Die Entwicklungsgeschichte der IKT ist kein linearer kontinuierlicher Strang. Vielmehr gehen viele Stränge nebeneinander her, aneinander vorbei, verbinden sich und entwickeln sich eigenständig weiter. Dennoch sind zwei Grundlinien erkennbar: die Entwicklung von Informationsspeicherung und die von Informationstransport. Zusammengebracht konnten die beiden Entwicklungen dann in der Computertechnologie werden.

Das Maria-Theresien-Denkmal in Wien
Das Maria-Theresien-Denkmal in Wien

Wie es in der österreichischen Geschichte öfter mal vorkommt, hatte auch hier Maria Teresia ihre Hände im Spiel. Mit der Entwicklung des Buchdrucks wurden die Menschen neugierig auf Buchstaben. Die Kaiserin führte die Schulpflicht ein, wodurch ein Großteil der Bevölkerung das Lesen erlernte. Damit ging auch eine Entmachtung der Kirche einher, die bislang die Oberhoheit über das (in Büchern) festgehaltene Wort hatte.Zugleich hatte die Regentin den Wunsch, die Bevölkerung in den engen Grenzen ihrer Geburtsbezirke zu belassen. Dazu mussten die Menschen registriert – also in Büchern gespeichert – und überwacht werden. Wer sich außerhalb der Bezirksgrenzen aufhielt wurde “im Schub” wieder dahin zurückgebracht, wo die Regentin ihn oder sie haben wollte. Die erste Volkszählung wurde von ihr 1754 angeordnet. Dazu wurde ein Lochkarten-System entwickelt – ein erstes analoges binäres System: Loch oder nicht Loch.

Skizze einer Laterna Magica

Skizze einer Laterna Magica. Quelle: wikipedia

Bei den Bildgebenden Verfahren liegen die Anfänge in der sogenannten „laterna magica“, einer optischen Spielerei mit der Trägheit des Auges. Exakte Bilder wurden vor allem in der Kriegsführung benötigt (z.B. Land- und Stadtkarten). Die erste erhaltene Photographie hatte noch eine Belichtungszeit von acht Stunden. Spätere „Phasenbilder“, also kurz hintereinander aufgenommene, zerstückelt wirkende Bewegungsabläufe dienten in Folge als Grundlage des Taylorismus – jede Bewegung, jeder Ablauf an der Maschine konnte genau in Einzelschritte zerlegt, analysiert und „optimiert“ werden. Ohne Bildgebende Verfahren wäre der Taylorismus nicht denkbar gewesen. Bewegte Drehspielgel wurden seit Beginn der Industrialisierung als “Detektive” eingesetzt um in den Fabriken die ArbeiterInnen zu überwachen. „Es gab schon alles, nur die Technik hat sich verändert.“ kommentiert Monika Rabovsky.Die erste Bildübertragung gelang 1928. Der Nationalsozialismus bescherte der Photographie zu Fahndungszwecken einen nie gekannten Aufschwung. Die erste massive Bildüberwachung „unliebsamer Objekte“ stammt aus dieser Zeit.

Telegrafenleitungen 1901, Quelle: wikipedia

Telegrafenleitungen 1901, Quelle: wikipedia

Die Technologieentwicklung der Kommunikationsübertragung war noch stärker von militärischen Zwecken beeinflusst. (Und Militärs sind quer durch die Geschichte meist Kontroll- und Überwachungsinstitutionen.) Erste Transport-Dienstleister waren schnelle Reiter. Mit den sogenannte „Balkentelegrafen“, die in Sichtweite auf Hügeln stationiert wurden, war eine verschlüsselte Nachricht von Wien nach Paris einen halben Tag unterwegs. Entlang der Eisenbahnnetze entwickelte sich eine schnelle Transportmöglichkeit für Informationen mittels Morsealphabet. (Eine gute Vernetzung entlang des Eisenbahnnetzes war daher im Widerstand gegen den Nationalsozialismus ein prägendes Element.)Um 19oo ermöglichte die Telefonie eine rasend schnelle Kommunikation. Das österreichische Telefonnetz umfasste damals 172 TeilnehmerInnen; bis Ende des Zweiten Weltkrieges gab es (insbesondere in Ämtern und großen Büros und Geschäften) 82 Km Rohrpostleistungen.

Univac im Deutschen Museum München. Quelle: wikipedia

Univac im Deutschen Museum München. Quelle: wikipedia

Der erste Computer von 1958 hörte auf den Namen „univac“, benötigte ein beachtliches Ausmaß an Kubikmetern Platz, erzeugte unglaublich viel Wärme und benötigte für eine Stunde Laufzeit 100 Stunden Wartungsarbeit. Die Kombination von Datenspeicherung und Transport gelang erst mit dem Honeywell-Computer 1971. Eigentlich erstaunlich, dass trotz des Ressourcenaufwands weiterhin in diese Technologie investiert wurde und die Nachfahren dieser Riesendinger heute in jede Hosentasche passen, ein Promille des damals benötigten Stromes beanspruchen und dafür unendlich mehr können.

"Das Fräulein vom Amt" Quelle: Deutsches Bundesarchiv

“Das Fräulein vom Amt” Quelle: Deutsches Bundesarchiv

Die geschlechtsspezifischen Ausprägungen des Themas, wurden bei der Führung nicht unter den Teppich gekehrt. Beispielsweise die Tatsache, dass die technologischen Fortschritte ausschließlich Männern zugeschrieben wurden, weil Frauen schlicht und ergreifend nicht das Recht hatten, ein Patent anzumelden. Telefonie war deshalb so kostengünstig weil das „Fräulein vom Amt“, das den ganzen Tag mit einem fünf Kilo schweren Kopfhörer in einem stickigen Kammer gesessen ist, nur ein Drittel eines Mannes verdiente. Es wurden nur unverheiratete Frauen angestellt, bei Heirat wurden sie entlassen. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit tauchte erstmals das Wort “Stress” im Arbietsleben auf.

Der BAT hat sich vorgenommen, dieser informativen und viel zu kurzen Führung unbedingt eine zweite folgen zu lassen. Bis dahin begnügen wir uns mit dem Video „the maschine is us“, einer künstlerischen Darstellung der IKT-Entwicklung und der Verwicklung des Menschen darin von Micheal Wesch (geht auch ohne Ton).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

7 + 2 =