Dr. Datenschutz berichtet aus der Praxis II

Fleißbeweis

 

Quelle: Bilderbox

Überraschend wurden neue Excel-Sheets zur Zeiterfassung eingeführt. Die Betriebsrätin erfuhr davon, indem sie selbst ein solches in die Hand gedrückt bekam mit dem Hinweis, dass sie zukünftig ihre Arbeitszeit und Tätigkeit hier einzutragen hätte. Nachdem sie dies verweigerte und auf die Mitbestimmungspflicht verwies, wurden die neuen Sheets zur Zeiterfassung vorerst zurückgenommen. Nach einem Probelauf von einem halben Jahr konnten technische Mängel beseitigt werden, die ursprünglich zahlreich vorhandenen Eintragungsmöglichkeiten abgespeckt werden und der Betriebsrat gab das Okay – unter der Bedingung, dass das System mit einer Betriebsvereinbarung abgesichert wird.

Manche MitarbeiterInnen bevorzugen das alte System in Papierform, bei dem alle viertel Stunden alle verrichteten Tätigkeiten eingetragen wurden. Ihr Argument ist:

Wenn da nichts steht, dann sieht das so aus, als ob ich nichts gearbeitet hätte.

Eine Betriebsrätin meint daher:

Mitarbeiterinnen tendieren eher dazu, viel zu viel von ihren persönlichen Daten anzugeben. Und ich denk mir, dass das ein ganz ganz langer Prozess ist.

Das Positive daran?

Die Erfahrung mit dem Aushandeln der ersten Datenschutz-Betriebsvereinbarung in diesem Unternehmen bewirkte, dass die nächsten Verhandlungen bereits wesentlich rascher von statten gingen. Der Bewusstmachungsprozess ist im Gange.

Das Symptomatische daran?

Gerade im Bereich der sozialen Dienstleistung ist es schwierig und weitgehend sinnfrei, nach rein mathematischen und betriebswirtschaftlichen Kriterien zu rechnen – wie es aber von den meisten Auftraggebern verlangt wird. Dass soziale Arbeit auch ohne permanente Leistungsaufzeichnung etwas wert ist, muss sich erst noch in einigen Köpfen durchsetzen. Es wurde zu diesem Thema eigens eine Kampagne von vida und GPA-djp ins Leben gerufen.

Wie kann vorgebeugt werden?

Hier ist guter Rat teuer, weil einzelne MitarbeiterInnen wenig Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber externen Geldgebern haben. Es müsste daher ein sozialpartnerschaftlicher Weg, gemeinsam von Beschäftigten und Geschäftsführung eingeschlagen werden, um die Unmengen an aufzuzeichnenden Daten zu reduzieren. Erste Fragen an die DatensammlerInnen könnten lauten:

Wozu konkret brauchen sie die Daten in dieser Ausführlichkeit?

Was soll damit geschehen?

Gibt es nicht gelindere Mittel, um zum selben Ziel  – einer angemessenen Bezahlung für soziale Dienstleistung – zu gelangen?

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