Auf die Daten der Klientinnen und Klienten wird gut aufgepasst

Axel Magnus _CC

aber mit den eigenen ist man weniger vorsichtig

Interview mit einem datenschützenden Betriebsrat

Frage: Bei euch im Betrieb wurde eine gemeinsame Terminplanung eingeführt. Das kann die Zusammenarbeit erleichtern, wenn man weiß, welche KollegInnen wann Zeit haben – und welche nicht. Oder?

Tatsächlich ist die berufsgruppenübergreifende Zeitplanung bei uns notwendig. Es sind da seitens der Krankenanstalt sehr komplexe Abläufe vorgegeben und innerhalb derer erfolgt die Terminplanung. Die ist Teil einer sehr viel mächtigeren Software zur Dokumentation, die wiederum notwendig ist, um die Bestimmungen des Krankenanstaltengesetzes einzuhalten. Die Zusammenarbeit ist fast vollständig durch die Terminplanung vorgegeben. Manchmal wollen KollegInnen zusätzlich miteinander sprechen und das ist leichter, wenn sie wissen, ob der- oder diejenige, mit dem oder der sie sprechen möchten, gerade keine Klientin beziehungsweise keinen Klienten hat.

Was hat die Beschäftigten gestört? War es so, dass dann alle alles voneinander wussten? Wurden die Terminkalender der KollegInnen untereinander falsch interpretiert, z.B. als Leistungsnachweis, wer besonders viele Termine hat, gilt als besonders fleißig? War es mehr für eure KlientInnen ein Problem?

Es ist es schon manchmal vorgekommen, dass Fragen gestellt wurden, wie etwa „Jetzt ist der schon wieder krank?“, weil anfänglich war nämlich auch der konkrete Abwesenheitsgrund zu sehen, also z.B. Krankenstand, Zeitausgleich und so weiter. Und dann wurde schon auch untereinander diskutiert, warum Kollege X weniger Termine hat als Kollegin Y, also „warum der so wenig hackelt“. Dabei sagt die Anzahl der Termine überhaupt nichts aus, weil diese je nach Form der Begutachtung – definiert als Arbeitsprozess – unterschiedlich lange dauern und auch unterschiedliche Aufgaben damit verbunden sind.

Es war bei uns ja eher so, dass in Bezug auf den Schutz der eigenen Daten wenig Bewusstsein und auch Verständnis der Kolleginnen und Kollegen vorhanden war. Dass alle immer von allen wissen, was sie gerade machen, das war irgendwie fast selbstverständlich.

Für die Klienten und Klientinnen hingegen ist die Terminplanung definitiv ein Vorteil. Früher war es so, dass eine bestimmte Anzahl für den Vormittag oder den Nachmittag geladen wurden. Wer als erstes da war, hat den ersten Termin bekommen. Immer wieder sind aber auch viele zugleich gekommen, was zu langen Wartezeiten führen konnte oder die Kollegen und Kolleginnen unter Druck setzte, möglichst schnell zu arbeiten, was ja nicht bedeutet, dass das besonders effizient und sinnvoll ist.

Wurde dieses Problem von den Beschäftigten an den Betriebsrat herangetragen oder ist er von selbst aktiv worden?

Wir sind von uns aus als Betriebsrat aktiv geworden, nachdem wir gesehen haben, welche Daten im neuen System für alle einsehbar sind.

Habt ihr euch entschieden eine Betriebsvereinbarung dazu abzuschließen?

Wir wollen definitiv eine Betriebsvereinbarung dazu und verhandeln diese auch gerade.

Es können derzeit leider noch immer alle sehen, ob jemand „geplant“ oder „ungeplant abwesend“ ist und dadurch kann es auch mit der zwischenzeitlich getroffenen Lösung zu Fehlinterpretationen kommen, aber zumindest ist nicht mehr konkret erkennbar, warum genau jemand abwesend ist. Diese Begrifflichkeiten lassen aber jedenfalls noch zu viel Interpretationsspielraum.

Wir arbeiten in einem Umfeld, in dem aufgrund des Krankenanstaltengesetzes, des Gesundheitstelematikgesetzes und der Gesundheitstelematikverordnung Datenschutz deutlich strenger interpretiert wird als anderswo. Das ist gut so, weil es sich ja um heikle, ganz persönliche und private, nämlich die Gesundheit betreffende Daten handelt. Fast alle unsere KollegInnen wissen also einiges über Datenschutz bei den Klienten und Klientinnen. Allerdings fehlt teilweise das Verständnis dafür, wie wertvoll und schützenswert die eigenen Daten sind. In Bezug auf die eigene Person mangelt es am Verständnis dazu, wo der Unterschied zwischen einem normalen kollegialen Austausch und einer Datenverarbeitung liegt. Oft hat das auch mit Bequemlichkeit zu tun. Ich denke, man kann jederzeit ein paar Büros weiter anrufen oder persönlich schauen, ob der Kollege X da ist. Das muss also nicht auf einen Blick, mit allen anderen vergleichbar, per Statusmeldung am Bildschirm erkennbar sein.

Was war das „beste Argument“ des Betriebsrates beim Verhandeln mit der Geschäftsführung?

Der Geschäftsführung ist wichtig, dass alles datenschutzkonform abläuft, weshalb wir von dieser Seite sogar Unterstützung bekommen haben.

Gut war auch, dass wir uns im Laufe der Verhandlungen darauf geeinigt haben, demnächst eine allgemeine Basisbetriebsvereinbarung zum Datenschutz und zirka zehn konkretisierende Betriebsvereinbarungen zu diversen datenverarbeitenden Systemen abzuschließen. Das wird momentan verhandelt. Vielleicht hört sich das etwas nachlässig an, dass wir in dem Bereich noch nicht so viel vorzuzeigen haben. Tatsache ist aber, dass wir zuerst Betriebsvereinbarungen zu Supervision oder einer Schmutz-, Erschwernis- und Gefahren-Zulage verhandelten, die auch für die KollegInnen Priorität hatten.

Sind die Beschäftigten nun zufriedener mit dem Terminplanungs-Tool?

Bei jeder neuen Software herrscht bei der Einführung immer Unzufriedenheit. Insbesondere die Terminplanung ist heikel, da der Arbeitsdruck massiv damit zusammenhängt. Insofern sind die Kolleginnen und Kollegen damit aus zwei Gründen unzufrieden: Einerseits, weil das System ziemlich kompliziert ist, was für die KollegInnen in der Administration einen hohen Arbeitsaufwand bedeutet, vor allem bei Terminverschiebungen. Und andererseits gibt es Unzufriedenheit, weil der Betriebsrat schuld ist, dass sie jetzt nicht mehr alles bei allen sehen können. Aber mir ist es lieber, wenn sich einige über den Mehraufwand ärgern, als dass die personenbezogenen Daten von allen Kolleginnen und Kollegen frei interpretiert werden können. Auch wir „Guten“ können nicht immer zu allen gut sein.

Ich danke für das Interview und die weisen Worte.

Gern geschehen.

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