Wer kennt mich besser als mein eigener Mann?

Was Google alles weiß und was ich dagegen tun kann. Ein Selbstversuch.

Bild: Pixabay, Chris Sansbury

beziehung am arbeitsplatz geheimhalten“ , „whistleblowing richtlinien“ oder „schwangerschaftsanzeichen“ … – viele Menschen suchen die Antwort auf ihre Fragen bei Google. Ich hingegen wollte wissen, wie ich es schaffe, mein Privatleben vor Google möglichst geheim zu halten. Das Ergebnis habe ich hier zusammengefasst.

Nicht erst seit gestern ist „googlen“ ein Verb des alltäglichen Gebrauchs. Hat man früher verschiedene Nahestehende ins Vertrauen gezogen, tippt man die Frage heute ganz schnell in die Google-Suchzeile ein und erfährt, was man wissen will (und alles was man nicht wissen will). Dass dabei aber auch Google viele Infos und Daten von einem selbst erhält, vergisst man dabei gern!

Was weiß Google alles über mich?

Nicht erst seit gestern ist bekannt, dass Suchdienste Daten sammeln. Aber was weiß Google tatsächlich über mich? welche Daten werden gesammelt und kann ich mich dagegen wehren?

Eingeloggt bietet das Interface verschiedene Möglichkeiten an: für heute interessieren die Daten in der Kategorie Daten & Personalisierung. Über die Aktivitäteneinstellungen in dieser Kategorie lassen sich die Aktivitäten über das Web und Apps genauso verwalten und einsehen wie auch beispielsweise der Standortverlauf und der YouTube-Suchverlauf.

Nach einer kurzen Schnappatmung beim Anblick der eingegebenen Suchbegriffe seit 2015, bekomme ich Gänsehaut und ein wenig Beklemmungsgefühle. Beim Runterscrollen über meine Such-Historie wird mir klar: Google weiß mehr über mich als mein eigener Mann!

Na und, was ist so schlimm daran?

Wer sich an dieser Stelle fragt, was so schlimm daran ist, wenn Google alle Suchanfragen, Orte und App-Aufrufe seit der ersten Anmeldung sammelt?
Nichts, wenn man sich darüber im Klaren ist, dass diese Daten gesammelt und gespeichert werden und was Google mit diesen Daten macht.
Diese Daten bilden nämlich deren Geschäftsgrundlage. Dank eines aus der Datensammlung erstellten Werbeprofils kann die auf die User*innen zugeschnittene, „relevante“ Werbeanzeigen geschalten werden.

Der Konzern selbst erklärt in einem Video, in vielen bunten Farben, dass sie zwei „weit gefasste“ Kategorien von Daten sammeln:

  • Jene, die vom Nutzer („bewusst“) eingegeben werden (Name, Fotos, die hochgeladen werden oder Nachrichten, die über Google Dienste verschickt werden) und
  • jene die Google anhand der Nutzung ihrer Dienste aufzeichnet (also eher unbewusst verursachte Daten) sowie „Google-Aktivitäten“ (darunter verstehen sie durchgeführte Suchen und Werbung, mit der User*innen interagieren).

Wenn sie zum Beispiel nach einem Café suchen, verwenden wir Ihre Suchbegriffe sowie Ihren Standort, um ein tolles Lokal in Ihrer Nähe zu finden“, erklärt die freundliche Frauenstimme während im Hintergrund ein beschwingter fröhlicher Sound läuft.

Wo waren Sie am 18. März 2018? – Fragen Sie doch Google.

Und genau an diesem Punkt wird’s noch ein bisschen gruseliger: Betrachtet man seine eigene GoolgeMaps – Timeline kann man in übersichtlicher Form nachvollziehen, wo man, wie oft und wann war.
Google gibt die Top 5 der meist-besuchten Orte wieder: Die Adresse des Hauses, in dem ich wohne, natürlich auf dem ersten Platz l. Dass ich bei der Shell-Tankstelle öfter bin, ist Google genauso bekannt, wie dass ich am 18. September 2018 den Währinger-Klettersteig gegangen bin. Gruselig.

Die ganze Urlaubsreise übersichtlich nachvollziehbar: Screenshot Google Maps Timeline, Vera Erlachner

Deaktiviert man am Smartphone den „Standortverlauf“ werden die Orte zwar nicht mehr der eigenen Timeline hinzugefügt, gesammelt werden diese aber trotzdem. Dies hat eine Studie der Associated Press im vergangenen August herausgefunden. Um die Aufzeichnung meiner Daten von Google zu verhindern, muss ich also einen anderen Weg wählen.
Eine Alternative Route wird gesucht…“

Daten über den Akkustand und Qualität werden genauso gesammelt wie Nutzungsdauer von Netzwerkverbindungen. All dies geschieht laut Google zum Besten der NutzerInnen: Um Produkte zu verbessern oder neue Dienste zu entwickeln. Außerdem werden die Daten genutzt, um die „Sicherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten„.

Wichtig zu wissen ist, dass sich der Internetriese hier nicht nur jene Standorte merkt, die man über die Maps-Suche eingegeben hat. Der Standortverlauf beinhaltet auch Angaben über die Orte, die man mit seinem Gerät aufsucht, auch wenn man dabei keine Google-Dienste aktiv nutzt, erklärt Google im Rahmen der Datenschutzerklärung.

Werden diese Daten mit anderen Daten, die Google sammelt, verknüpft, kann ein ziemlich deutliches Bild des Users/der Userin entstehen: „Unter Umständen werden die erhobenen Daten dienst- und geräteübergreifend kombiniert“. Dazu kommen noch die gespeicherten Aktivitäten auf anderen Website und Apps, die sich der Google-Dienste bedienen.

Google selbst gibt (pseudo-)transparent bekannt:

Unter anderem können folgende Aktivitätsdaten erhoben werden:

Suchbegriffe, Videos, die angesehen wurden, Inhalte und Werbeanzeigen, die man ansieht bzw. interagiert, Sprach- und Audiodaten, Kaufaktivitäten, Personen, mit denen man kommuniziert od. Inhalte austauscht, Aktivitäten auf Websites und Apps von Drittanbietern, die Google-Dienste nutzen und der Chrome-Browserverlauf.

https://policies.google.com/privacy#footnote-content-views

Mit diesen Daten kann Google dann beispielsweise den Dienst AdWords betreiben. Für dieses mobile Marketingtool werden die eingegebenen Suchbegriffe mit dem Standortverlauf verknüpft. Mit Hilfe der Kreditkartendaten, die der Konzern einfach bei MasterCard einkauft, könnten sie so ihren Werbekunden helfen, die Kunden „besser zu verstehen“.

Verwalten, Löschen & Deaktivieren

Übersichtliche Datenverwaltung, Google Dashboard, Vera Erlachner

Das Google Dashboard gibt eine gute Übersicht, welche Dienste man nutzt und welche Berechtigungen diese haben. Ich kann sehen, wie viele Konversationen in meinem Gmail-Account gespeichert sind und wie viele Orte mit meinem Konto verknüpft sind.

Ähnliches zeigt sich in der Kategorie „Web- & App-Aktivitäten“ – hier können alle gespeicherten Daten eingesehen werden. Außerdem kann man hier für alle Google-Dienste die Einstellungen verwalten. Um die Speicherung der Daten zu verhindern, müssen die Berechtigungen der Dienste hier deaktiviert und das Häckchen im Kasten neben „Auch den Chrome-Verlauf sowie Aktivitäten auf Websites, in Apps und auf Geräten berücksichtigen, die Google-Dienste nutzen“ entfernt werden. Die Dienste erscheinen dann als „PAUSIERT“.

Bevor ich nun den nächsten Schritt gehe, lade ich mit sicherheitshalber noch meine Daten herunter . Google erstellt hier Archive, die ich dann downloaden und abspeichern kann. Das ist durchaus empfehlenswert, da die Daten dann wiederherstellbar sind. Google erstellt hier für sage und schreibe 47 Produkte ein Archiv.

Das Löschen von meinen durch die Dienste angesammelten Daten oder auch das Löschen des Google-Konto als Ganzes, geht ebenso „leicht“. Die Standorte, YouTube-Videos und Sucheinträge können bedenkenlos gelöscht werden. Vorsicht gilt nur beim Google-Konto an sich: Android-Smartphones sind meist mit dem Google-Konto verknüpft. Wird dieses gelöscht, kann das auch Auswirkungen auf das Betriebssystem des Handys haben!

Seit Mai 2019 kann auch eine automatische Löschung aktiviert werden! Nach ein gewissen Frist werden dann sämtliche Standortangaben, Suchbegriffe etc. automatisch gelöscht.

die eigenen Daten aktiv schützen

Die Transparenz mit der Google hier vorgeht, ist bemerkenswert. Die Daten können von jedem/jeder User*in eingesehen und kontrolliert werden. Viele der Einstellungen können deaktiviert und die bisher gesammelten Daten – zumindest vordergründig – gelöscht werden. Nur muss jede/r User*in aktiv, selbst tätig werden!

Jedem und jeder Nutzer*in von Google-Produkten sollte der Privatssphärencheck nahegelegt werden: Auch um ein Gespür dafür zu bekommen, was da eigentlich alles gesammelt wird und wie genau das Bild ist, das hier zusammengebaut wird.

Sich bewusst für Onlinedienste und Apps entscheiden und sorgsam mit den eigenen Daten umgehen, ist wohl das sicherste Rezept!
Hilfestellungen dazu gibt es in unserer Broschüre Digitale Selbstbestimmung. Sie bietet grundlegendes Wissen und Tipps, um sich selbstbestimmter durch das Web bewegen zu können.
Weiterführende Infos zu neuen, sicheren und datenschutzfreundlicheren Alternativen gibt es außerdem bei Epicenter.Works.

Die Nachahmung dieses Selbstversuchs wird empfohlen.
(Falls noch Fragen auftauchen sollten, die Antwort lautet 42.)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 4 = 2